Die Geschichte der Deusterkeller

Die heute als Deusterkeller bekannten Kelleranlagen erstrecken sich im Kernbereich unter dem Anwesen Hindenburgring Nord 15 im Vorfeld der ehemaligen Stadtmauer von Kitzingen. Unter Verwendung älterer Vorgänger wurde durch den Bierbrauer Thomas Ehemann (1792-1872) ein umfangreiches System von Lager-, Gär- und Eiskellern geschaffen, das zur Herstellung von Exportbier diente und Kitzingen im 19. Jahrhundert weltweit bekannt machte.

Die gut erhaltenen Keller mit ihren gewölbten Gängen und ihrer gewaltigen Ausdehnung zeugen von einer frühen Phase der industriellen Bierherstellung und sind ein Kulturdenkmal besonderen Ranges. Die Kelleranlagen sind in mehreren Abschnitten entstanden, wie historisches Plan- und Bildmaterial, archivalische Quellen und nicht zuletzt die unterschiedlichen baulichen Strukturen vor Ort belegen. Im Rahmen eines Forschungsprojektes werden durch die Universität Bamberg zusammen mit Dr. Volker Rößner und dem Verein Die Deusterkeller e.V. die Keller digital vermessen und ihre Baugeschichte untersucht.

historischer Stadtplan Kitzingen
Stadtplan von Kitzingen aus dem Jahre 1827 mit Lage der Grundstücke unter denen sich die „Deusterkeller“ befinden. (Vermessungsamt Kitzingen)

Die Entstehung der Kelleranlagen (Abb.2) 1830 kaufte der Bierbrauer Thomas Ehemann einen Acker am Schießgraben zwischen 2 Wegen, mit dem darunter befindlichen Keller für 500 Gulden (blau in der Kartierung). Ein Jahr darauf gab er das Gaststätten-Recht seiner in der Stadt liegenden Wirtschaft auf, da er in der jüngsten Zeit durch veränderte Einrichtung meiner Brauerey, alle Stallungen dazu benuzen mußte. Die beiden Quellen sprechen dafür, dass seit dieser Zeit das Kitzinger Exportbier in industriellem Ausmaß hergestellt wurde.
In der Folge wird Ehemann dieses Kellersystem nach und nach ausgebaut haben. Der Zugang zu den Kellern lag in der Gabelung zwischen Hindenburgring und Hohlweg. Historische Abbildungen belegen einen tiefer liegenden Nebeneingang im Stadtgraben. Sie zeigen auch Belüftungsschächte, welche auf die drei nach Süden verlaufenden Kellerröhren hinweisen (blau).
Thomas Ehemann erwarb 1839 einen ersten Acker auf dem nördlich gelegenen Deustergelände und plante dort einen weiteren Keller anzulegen. Hierzu beantragte er bei der Stadt den dazwischen liegenden, heute noch vorhandenen Hohlweg untergraben zu dürfen, um so eine Verbindung zwischen seinen bestehenden Kellern und dem neu anzulegenden zu schaffen.
Im Mai 1845 kaufte Ehemann die Grundstücke, unter denen die heute vom Schützenverein Kitzingen benutzten Keller liegen. Demnach könnten dieselben kurze Zeit später angelegt worden sein. Die großen Keller nördlich des Hohlwegs, die heute von der Sektkellerei genutzt werden, entstanden nach 1863 (rot). In diesem Jahr gelang es dem Exportbierbrauer, den übrigen, größten Teil des »Deustergeländes« zu kaufen. Vom Kolosseum an bis hinauf zur einstigen Bahnstrecke Kitzingen – Gerolzhofen gehörte ihm der gesamte Grund.
1865 müssen die Keller unter diesem Gelände vollendet gewesen sein, denn die Stadt erlaubte Ehemann, eine Brücke über dem Hohlweg zu errichten, die beide Kelleranlagen oberirdisch verband.

Grundriss Deusterkeller
Deusterkeller-Grundriss mit Darstellung der Bauphasen. (Breitling/Rößner 2008)

Die späteren Erweiterungen Thomas Ehemanns Schwiegersohn Carl Reichard von Deuster und dessen Bruder und Teilhaber Oskar veranlassten 1883/84 als Geschäftsführer der Ehemannbräu die Errichtung des heute »Schlosskeller« genannten Bierkellers (orange). Zeitgleich kaufte Carl Reichard von Deuster das nahe gelegene Schloss innerhalb des historischen Stadtmauerberings und baute es um.
Der neue Keller lag nicht unter dem Schloss, sondern entstand, indem man den vormaligen Stadtgraben mit einem Gewölbe überspannte. So kam er unmittelbar vor den drei nach Süden verlaufenden, älteren Kellergängen zu liegen. Der ehemalige Nebeneingang des ältesten Kellersystems ist seitdem der Zugang zum neuen Gewölbe. Eine große Lagerhalle schloss den Keller nach oben ab.
Im April 1885 verkauften die Brüder von Deuster die Brauerei Ehemann. Diese wurde in der Folge in eine Aktienbrauerei umgewandelt. Die Zeit des Exportbier-Booms war durch die Einführung der von Carl von Linde erfundenen Kühlanlagen zu Ende. Die Kellereigebäude verblieben bei der Aktienbrauerei, bis diese kurz nach 1900 selbst Kühlmaschinen anschaffte. Carl Reichard von Deusters Sohn Theodor kaufte 1904 die bedeutungslos gewordenen Keller von der Brauerei zurück und ließ die Brauereihalle über dem Schlosskeller abbrechen. Die nördliche Schlossgartenmauer und das Gärtnerhaus Hindenburgring Nord 15 entstanden, die heute noch erhalten sind.

Quellen: Archiv Dr. Eckart von Deuster, Stadtarchiv Kitzingen, Vermessungsamt Kitzingen.

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